Empathie / Einfühlungsvermögen

Empathie kommt dramatisch zu kurz! – Auch bei Ihnen?

Oft gibt es große Probleme in Betrieben, in denen Empathie (Einfühlungsvermögen) eine geringe Rolle spielt. Ohne es zu wissen, riskieren Akteure in Betrieben Demotivation, Konflikte und Zerwürfnisse, weil eigene Sichtweisen ohne Interesse am Gegenüber und ohne Rücksicht auf dessen Bedürfnisse durchgesetzt werden.

Gefahren mangelnder Empathie

Aus eigener Erfahrung weiß ich um die Gefahren mangelnder Empathie, nämlichdass man als Führungskraft so ziel-, lösungs- oder karriereorientiert arbeiten kann, dass wichtige Signale links und rechts des Weges ausgeblendet werden, die jedoch sehr hilfreich wären. Auf dem Weg der vermeintlich durchgetakteten Effizienz und Effektivität und bar des notwendigen Wissens aus  Kommunikations- und Führungstrainings habe ich so manchen Mitarbeiter vor den Kopf gestoßen und für Demotivation und innere Kündigung gesorgt. Folglich wurde Kooperation schlicht aufgekündigt. Was dann?

Erst Monate später haben sich mir manche Mitarbeiter anvertraut, um mich auf Versäumnisse hinzuweisen. Aus allen Wolken gefallen habe ich reagiert mit: „Warum hast Du mir das denn nicht früher gesagt?“ – Tatsächlich habe ich häufig schlicht nicht hingeschaut, zugehört und hinterfragt.

Aus Rückmeldungen von Unternehmern ist mir bekannt, dass die selbst verschuldete Ahnungslosigkeit zu überraschend negativen Situationen führen kann, z.B. die Kündigung eines Mitarbeiters.

Nach und nach drängt das Thema Empathie stärker in den Fokus von Führungsliteratur und -trainings und stellt normierende Führungsansätze in Frage, die freie Entwicklungsmöglichkeiten eher einschränken.

 

Empathie ist wirtschaftlich nützlich

Einfühlungsvermögen zu entwickeln ist zwar mit Mühe verbunden, doch es lohnt sich.

  • Sie erfahren mehr über Mitarbeiter und was in Ihrem Betrieb los ist.
  • Sie können Demotivationsfaktoren gezielt aufspüren und diese abstellen.
  • Sie erhalten neue Impulse und Ideen, um Ihr Unternehmen voranzubringen.
  • Sie reduzieren möglicherweise interne Reibung und Konflikte.
  • Motivation wird nicht länger gebremst und führt so zu besseren oder schnelleren Arbeitsergebnissen und zu mehr Kreativität.
  • Die Entwicklung von Produkten, Prozessen, Organisation und damit die Vitalität Ihres Unternehmens kommen besser voran.
  • Der Mitarbeiter profitiert
  • danach der Kunde,
  • danach Ihr Geldbeutel und Sie persönlich.

 

Tipps & Tricks für mehr Empathie

Um Empathie mehr Geltung zu verschaffen braucht es anfangs Zeit, um sich Freiräume zu schaffen für

  • mehr Dialog, indem aktives Zuhören praktiziert wird. Unter aktivem Zuhören versteht man ungeteilte Aufmerksamkeit durch Zuhören, Zusammenfassen, Nachfragen und gemeinsames Verständnis generieren. Achtung: Dabei geht es noch nicht um Problemlösung.
  • das Üben von Fragetechniken. Diese ermöglichen nicht nur, dass Sie mehr von über Ihren Gesprächspartner erfahren, sondern dass Ihr Gegenüber mehr zum Nachdenken angeregt und über diesen Prozess langfristig zu mehr Selbständigkeit angeregt wird. Beispielsweise wird ein Mitarbeiter sich scheuen, ohne Problemlösung zu Ihnen kommen, wenn er weiß, dass Sie ihn sowieso als erstes nach der Lösung für sein Problem fragen werden.
  • Vorbereitung auf Gespräche und Verhandlungen. Die Vorbereitung erfolgt gedanklich, schriftlich oder sogar bildlich. Sie bietet die Chance, sich in sein Gegenüber hineinzuversetzen und für einen Moment seine Perspektive einzunehmen, um seine Anliegen und Bedürfnisse besser verstehen zu können und angemessen reagieren zu können.
  • Geben Sie der Qualitätsdenke statt der Umsatz- und Ertragsdenke mehr Raum. Eine zu starke Geldfixierung birgt die Gefahr in sich, wertvolle zwischenmenschliche Aspekte zu vernachlässigen. Studien deuten auf diesen Zusammenhang hin.

Um Empathie mehr Geltung zu verschaffen braucht es zudem ein gutes Vorbild, dem es nachzueifern lohnt. Ein guter Anfang sollte darin liegen, dass wir selbst empathisch bzw. achtsam sind. Wie kann das gelingen?

  • Räumen Sie allen wichtigen Gesprächen genügend Zeit ein.
  • Praktizieren Sie die oben erwähnten Techniken. Übung macht den Meister.
  • Holen Sie sich nach jedem Gespräch Rückmeldung über den Gesprächsverlauf, indem Sie fragen, ob aus der Sicht Ihres Gegenübers ein wichtiger Aspekt der Unterhaltung unberücksichtigt bliebt oder vernachlässigt wurde. Fragen Sie, ob alles gesagt wurde, was wichtig war. Praktizieren Sie wiederum aktives Zuhören.
  • Machen Sie sich mit dem Thema Achtsamkeit vertraut, um beispielsweise sehr emotionale Gesprächsverläufe besser zu beherrschen. Achtsamkeitsmeditation für Manager ist längst der Esoterik-Ecke entwachsen und zu einem Mittel ernsthafter und anerkannter Persönlichkeitsentwicklung herangereift.
  • Nehmen Sie Körpersprache, Gestik, Mimik und Stimme Ihrer Mitmenschen aktiv wahr.
  • Versuchen Sie die versteckten Bedürfnisse Ihres Gegenüber zu erkennen.
  • Eventuell suchen Sie sich z.B. einen erfahrenen Mentor, der Ihr Vorgehen mit Ihnen im Dialog reflektiert und mit dem Sie auf diese Weise neue Impulse zur persönlichen Entwicklung gewinnen.
  • Eine weitere Möglichkeit liegt in der Verwendung von bildlichen Hilfsmitteln.

Ein Bild sagt manchmal mehr als 1000 Worte. Deswegen sind Visualisierungen hilfreich, um Situationen zu analysieren und darauf aufbauend empathisches Verhalten zu entwickeln.

  • Ein guter Weg damit anzufangen, besteht zunächst in der Anwendung auf sich selbst. Hier greife ich gerne auf ein Konzept „Inneres Team“ von Schulz von Thun zurück. Jeder von uns kennt Situationen, in denen wir unsicher sind, welche Entscheidung zu treffen ist. In diesen Fällen der Unentschlossenheit tragen wir widersprüchliche Stimmen in uns.

Beispiel 1
Sie möchten einen schwierigen und langwierigen Konflikt in Ihrer Organisation regeln, ohne selbst Macht ausüben zu können, z.B. in einer Gesellschafterversammlung. Sie hören oder fühlen in sich hinein (Empathie) und identifizieren verschiedene Stimmen. Mit dem nachfolgenden Bild lassen könnten Sie nun Ihre inneren Stimmen visualisieren. Jede Stimme erhält einen Namen und eine dazu passende Aussage. Alle Stimmen werden auf diese Weise sichtbar. Eine innere Einigung fällt jetzt leichter. Sie können beginnen, Figuren zu verschieben oder andere Figuren ins Spiel zu bringen, um sich eine Entscheidung zu erarbeiten.

Empathie Einfühlungsvermögen SL

Selbst-Empathie: „Inneres Team“ von Schulz von Thun (vorzugsweise gemalt!)

Beispiel 2
Sollte Ihnen dieses Vorgehen nicht zusagen, bietet sich folgende Alternative: Erstellen Sie für sich eine Skizze (gemalt), das sich mit folgenden Fragen befasst:
1. Was umgibt mich? Was sehe ich?
Es geht um konkrete Dinge, Menschen und Situationen, die zu einer Problemstellung gehören, hier z.B.: Personengruppen, deren Funktion, die Prüfung mit symbolischen Zertifikat…
2. Was fühle ich?
Stellen Sie innere Bilder dar, die Sie mit Ihrem Gefühl verbinden, z.B. eine Mauer vor der Sie stehen. Im Beispiel unten habe ich mit Smileys und Gefühlen in grünen Blasen gearbeitet als auch mit den Symbolen Uhr und Blitze als Zeichen für empfundenen Zeitdruck.
3. Was tue ich? Was sage ich?
Diese Fragen beziehen sich sowohl auf Vergangenheit und Zukunft. Im Beispiel ist stellvertretend eine Sprechblase platziert, die sich auf die bevorstehende Zertifizierung bezieht.
4. Welche Herausforderungen gibt es?
Malen Sie die Herausforderungen, Probleme und Hindernisse in die Karte ein und klären Sie für sich, wie Sie mit Ihnen umgehen wollen und ob Sie zur Überwindung Unterstützung benötigen.
5. Was habe ich bereits erreicht?
Malen Sie
Ihre Errungenschaften und Stärken in das Bild hinein.

Empathie Einfühlungsvermögen SL

Empathie: Persönliche Sicht auf momentane Lage, Herausforderungen & Gefühle (vorzugsweise gemalt!)

Ihr persönliches Bild wird selbstverständlich komplett anders aussehen. Eventuell finden Sie Gefallen an der Erstellung solcher Bilder und entdecken auf diese Weise nicht nur einen neuen Zugang zum Thema Einfühlungsvermögen, die Sie für Ihre Führungsarbeit benötigen, sondern vielleicht finden Sie auf diese Weise auch für sich persönlich neue Wege und Lösungen.

Erlangen Sie mit diesen bildlichen Darstellungen ein wenig Übung, können Sie diese Technik auch auf andere Situationen anwenden. Allerdings ist Vorsicht geboten! Solche Aufzeichnungen haben absolut vertraulichen Charakter und sind damit ausdrücklich nicht für die Augen Dritter bestimmt! Sehr leicht kann ein Dritter, eventuell sogar ein Betroffener, sich falsch dargestellt und beurteilt sehen. Dennoch liegt der Nutzen in einer bildlichen Darstellung für Sie darin, sich ein persönliches Bild von der Situation zu machen und damit über eine Grundlage zu verfügen, Ihr Bild zu hinterfragen.

Beispiel 3
Im folgenden Bild sehen Sie die Darstellung einer Situation, in der sich ein junger Familienvater befindet. Er steht vor der Herausforderung von Vierlingen, ohne auf Unterstützung durch Familie und Freunde hoffen zu können, da er und seine Frau von weit her zugezogen sind. Für die Führungskraft stellt sich die Frage, wie sie den jungen Vater betrieblich entlasten können, bis sich seine private Situation einigermaßen einpegelt. Die Führungskraft hat sich mögliche Lösungen notiert, die sie in einem Mitarbeitergespräch mit dem jungen Vater erörtern möchte.

Empathie Einfühlungsvermögen SL

Empathie: Vertrauliche Skizze zur Gesprächsvorbereitung (vorzugsweise gemalt!)

Beispiel 3
Im folgenden Bild sehen Sie ein sogenanntes Projektmolekül, das alle Interessengruppen (Mitwirkende und Betroffene) um das Projekt „Einführung Mitarbeiterjahresdialog“ herum anordnet. Mit dieser Skizze wird versucht, sich ein Bild zu machen von
• der positiven oder negativen Haltung, die Interessengruppen dem Projekt entgegenbringen – symbolisiert durch Smileys
• deren Einflussstärke auf das Projekt symbolisiert durch die Stärke der Verbindungslinien
den Beziehungen zwischen den Interessengruppen symbolisiert durch die gestrichelten Linien
den Aussagen der verschiedenen Interessengruppen in den Sprechblasen

Empathie Einfühlungsvermögen SL

Vertrauliche Skizze: Interessengruppen, deren Einflussstärke & Haltung zum Projekt

Auch hier gilt es, das gewonnene Bild durch vertrauliche Gespräche kritisch zu hinterfragen und bei Unstimmigkeit zu korrigieren. Die Erstellung des Projektmoleküls (Instrument des Stakeholder-Managements im Rahmen des Projektmanagements) kann im Team erfolgen. Bewährt haben sich zu diesem Zweck die Verwendung von Moderationswand und Haftzetteln. Über diesen Weg können Sie die Steigerung von Einfühlungsvermögen sogar mit mehreren Personen gleichzeitig üben. Auch hier bitte Vorsicht! Dieses Dokument ist vertraulich, geschützt aufzubewahren und die Teilnehmer sind zur Verschwiegenheit verpflichtet!

Ein ganz einfaches Mittel, die eigene Empathiefähigkeit zu schulen, besteht übrigens im Lesen von Romanen. Der Griff zu einem guten Buch lohnt. Ein Studie hat ergeben, dass Romanleser den Sachbuchlesern in der Einschätzung von Gedanken und Gefühlen anderer überlegen sind.

 

Abgrenzung

Empathie ermöglicht uns ein echtes Verständnis unseres Gegenübers und seiner Bedürfnisse. Im positiven Fall haben wir uns vor einem schwierigen Gespräch mit den vorgestellten Techniken bereits ein Bild von der momentanen Gefühlslage und der entsprechenden Reaktion eines Gesprächspartners gemacht und gehen emotional vorbereitet in eine Auseinandersetzung hinein. Allerdings besteht gleichzeitig die Gefahr des zu starken Mitfühlens, die unsere Entscheidungsfindung trübt. Um handlungsfähig zu bleiben, sollte es z.B. während eines Entlassungsgespräches möglich bleiben, sich ein Stück weit vom Mitgefühl zu distanzieren und der eigenen Rolle gerecht zu werden.

 

Fazit

Das Training der eigenen Empathiefähigkeit ist ein wesentliches Kernstück wirksamer Beziehungsarbeit. Sie erzeugt Nähe durch besseres Verständnis der Gesprächspartner. Wir können diese Fähigkeit nutzen, um die Beziehung zu unserem Gegenüber angemessener und reichhaltig zu gestalten. Insbesondere bewirkt geschultes Einfühlungsvermögen mehr Aufmerksamkeit, mehr Hinwendung, mehr Wertschätzung und mehr Vertrauen anderen Menschen gegenüber. Wir selbst profitieren davon, wenn wir unsere Mitmenschen auf diese Weise ernst nehmen. Die Begegnung mit anderen Menschen wird fruchtbarer und macht uns glücklicher und vitaler. In unseren Workshops und Trainings zum Thema >Persönlichkeitsentwicklung >Kommunikation gehen wir auf diese Aspekte ein.

 

Welche Erkenntnisse haben Sie zum Thema Empathie?

Teilen Sie uns Ihre Erfahrungen mit, oder stellen Sie uns Fragen zum Thema. Ich freue mich auf Ihren Beitrag.

Sven Löbel
+49 7452 8444001

 

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